Montag, 29. Juni 2009
Kommunikation zwischen Mensch und Hund
Dies ist ein Gasteintrag von Hundeexpertin und Autorin Clarissa von Reinhardt. Viele Tipps sowie Literatur finden Sie unter: www.animallearn.de. Vielen Dank!
Hunde und Menschen kommunizieren grundsätzlich sehr unterschiedlich. Das hauptsächlich eingesetzte Kommunikationsmittel der Menschen ist das gesprochene Wort – wir reden. Wahrscheinlich zu viel, aber das ist eine andere Sache. Das gesprochene Wort wird durch Körpersprache, Gestik, Mimik und auch Berührungen des Gesprächspartners unterstrichen. Bei Hunden ist das anders. Sie kommunizieren in erster Linie über Blickkontakte, Körpersprache und Berührungen und setzen die Vokalisation viel weniger ein. Welche Bedeutung hat das für uns im Umgang mit Hunden?
Zunächst einmal, dass wir wirklich weniger reden sollten. Wenn ich meinen Hund den ganzen Tag zutexte, ist es nicht verwunderlich, wenn er mir irgendwann nicht mehr zuhört.
Jeder von uns hat eine Person im Freundeskreis, die furchtbar viel redet. Und jeder von uns ist davon früher oder später genervt. Man hört nicht mehr richtig zu.
Jeder von uns hat aber auch eine Person im Freundeskreis, die eher ruhig ist und nicht viel redet. Meldet sich eine solche Person zu Wort, sind wir in der Regel aufmerksamer und wollen wirklich wissen, was sie zu sagen hat, wenn sie nun schon mal was sagt.
Ähnlich ist es bei unseren Hunden. Hinzu kommt aber noch, dass sie den Inhalt unserer Worte größtenteils nicht verstehen. Natürlich kann ein Hund lernen, was es bedeutet, wenn ich die immer gleichen Worte oder Kurzsätze in immer gleicher Betonung in immer gleichem Kontext nenne. Jeder Hund versteht es, wenn man ihn fragt: „Wollen wir Gassi gehen?“ oder „Möchtest Du jetzt Dein Futter?!“ usw.
Aber die endlosen Redeschwalle, die über viele Hunde hereinbrechen, wie zum Beispiel „Bello, das war jetzt aber gar nicht artig. Ich habe Dir doch schon tausendmal gesagt, dass Du gar kein lieber Hund bist, wenn Du das machst. Und jetzt mach mal schön „sitz“!“ können sie nicht verstehen. Sie werden in etwa folgendes hören: „Bello, bla bla bla bla bla bla bla bla bla bla bla bla bla bla bla bla bla bla bla bla bla bla bla bla bla bla bla bla bla bla bla bla bla bla bla bla bla bla bla bla bla, „Sitz!“
Kein Wunder, dass sie uns nicht mehr zuhören.
Möchte ich also, dass mein Hund mir zuhört und mich versteht, so muss ich mich kurz, präzise und dabei trotzdem freundlich ausdrücken. Das ist für viele Menschen ein Problem. Drücken sie sich kurz und knapp aus, geht dies oft mit einem kasernenhofartigen Befehlston einher „Bello, Fuß!“ Was ich meine ist: „Bello, bei Fuß. Guter Hund.“
Soll sich der Hund wohl in unserer Nähe fühlen, sollten wir darauf achten, dass wir ruhig und leise mit ihm sprechen. Bei manchen Auslaufwiesen oder Hundeplätzen hat man ja eher das Gefühl, sich auf einem Truppenübungsplatz verirrt zu haben. Da wird exerziert und im Kreis marschiert, Kehrtwende links herum, im Stechschritt Marsch, Marsch. Dabei wird herumgebrüllt, als sei der Hund entweder schwerhörig oder einen Kilometer von seinem Menschen entfernt.
Tatsächlich hören Hunde aber sehr gut, nämlich je nach Alter, Rasse und Frequenzbereich der Töne vier bis zwanzig mal besser als der Mensch. Es gibt also definitiv keinen Grund, sie wie Schwerhörige zu behandeln. Stellen Sie sich vor, wie In der Regel ist es so, dass wir versuchen, zu all zu lauten Dingen Distanz zu schaffen. Also ist es doch eigentlich absurd, dass wir unsere Hunde anschreien, damit sie zu uns kommen und sich (natürlich freudig!) in unserer Nähe aufhalten.
Das in jüngster Zeit viel strapazierte Wort „Hundeflüsterer“ entstand ebenfalls vor diesem Hintergrund. Als Hundeflüsterer wurden Menschen bezeichnet, die sich dem Tier langsam annäherten und leise mit ihm sprachen – wodurch es sich beruhigte und Vertrauen fasste. Heute nennt sich jeder Hundeflüsterer, der es geschafft hat, seinen Dackel einmal um den Block zu führen, ohne ihn anzuschreien.
Kommunikation findet aber nicht nur über Sprache statt. Auch Blickkontakte und Berührungen können eingesetzt werden, um sich mit einem Gegenüber zu verständigen. In unserer Kommunikation mit Hunden ist dies vielleicht der interessante Aspekt. Fangen Sie einmal an darauf zu achten, wie oft Ihr Hund Blickkontakt mit Ihnen aufnimmt – und erwidern Sie diesen. Nicken Sie ihm kurz zu oder sagen Sie sanft „Feiner Hund, prima.“. Setzen Sie Gesten und Sichtzeichen ein, um ihm zum Beispiel zu sagen, wo er lang gehen soll, dass er warten soll oder dass Sie ihm etwas zeigen möchten. Sie werden merken, dass Ihr Hund viel aufmerksamer wird und schneller reagiert, denn Sie sprechen mit ihm in seiner Sprache.
Gleiches gilt für Berührungen. Bestimmt haben Sie es schon einmal erlebt, dass Ihr Hund sie gestreift hat, wenn er von hinten kommend an Ihnen vorbei lief. Das ist kein Zufall. Der Hund weiß genau, wie breit ein Weg ist und wo auf dem Weg Sie sich befinden. Es ist seine Art zu sagen: „Hallo, Du, da bin ich wieder.“, eine kurze Kontaktaufnahme, um das „Wir-Gefühl“ zu stärken. Es gibt so viele dieser Kontaktaufnahmen: Der Hund stupst uns an, reibt seinen Kopf an uns, steht dicht neben uns und manchmal stellt er dabei sogar seine Pfote auf unseren Fuß. All diese Berührungen sind Kommunikationsversuche mit dem Sozialpartner Mensch. Das schöne daran ist, dass wir diese Art der Kommunikation ebenfalls anwenden können.
Für mich sind diese Augenblicke des gegenseitigen Verstehens und tiefen Vertrauens die kostbarsten im Zusammenleben mit meinen Hunden.
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